Neoliberalismus ist ein Begriff, der vordergründig eine
wissenschaftliche Strömung darstellt, hintergründig aber vielmehr auf eine
Ideologie verweist. Die liberale Grundposition ist, dass der Staat sich nicht
einmischen soll in wirtschaftliche oder soziale Fragen und stattdessen die
Selbstverantwortung von Bürgerinnen und Bürgern ins Zentrum zu stellen habe.
[... allen Bürgerinnen und Bürgern einen Gutschein für den Besuch von Veranstaltungen der lokalen Kulturinstitutionen zukommen zu lassen.]
Diese Position ist an sich gut haltbar, insbesondere als Gegengewicht zu einer
interventionistischen Position, die bei fast jedem wirtschaftlichen und
sozialen Problem einen staatlichen Eingriff für notwendig erachtet und bei übertriebener
Anwendung in die demokratisch selbst gewählte Unfreiheit zu münden droht.
Der
Neoliberalismus kann als Steigerung der liberalen Haltung verstanden werden,
denn er fordert den Verzicht auf Staatseingriffe in radikaler Form. Es ist
neoliberal betrachtet beispielsweise völlig unklar, warum man Kulturinstitutionen
subventionieren soll. Man könnte sie dem Markt überlassen und wenn sie eingehen
feststellen, dass es sie offenbar nicht gebraucht hat.
Solche Überlegungen machen den Neoliberalismus nicht nur für
viele Intellektuelle unsympathisch, sondern gar zum politischen Schimpfwort.
Tatsächlich müssen sich Exponenten des Neoliberalismus vorwerfen lassen, dass
sie einfach grundsätzlich darauf vertrauen, dass der freie Markt alle Probleme
regelt, völlig unabhängig von praktischen Erfahrungen und wissenschaftlichen
Forschungsresultaten. Die Glücksökonomie jedenfalls hat festgestellt, dass Menschen in Staaten mit hoher Staatsquote und hohen Steuern keinesfalls unglücklicher sind. Wichtiger für die Lebenszufriedenheit der Menschen ist, ob sie den
Eindruck haben, die Staatsmittel werden redlich verwendet und ob sie Einfluss nehmen können, wie sie eingesetzt werden.
Lassen sich diese Gegensätze überwinden? Eine Idee wäre etwa,
allen Bürgerinnen und Bürgern jährlich mit der Steuerrechnung einen Gutschein
für den Besuch von Veranstaltungen der lokalen Kulturinstitutionen zukommen zu
lassen. Das Steuergeld also an die Bürgerinnen und Bürger zurück zu verteilen
und damit auch die Macht abzugeben, das Programm zu bestimmen: Fliessen die
Gutscheine in Oper oder Tanz, Klassik oder Jazz, Shakespeare oder
Experimentaltheater? Ein Vorteil dieses Ansatzes wäre natürlich, dass sich der
Staat nicht mit der Frage befassen müsste, ob beispielsweise zwei
Kulturinstitutionen zusammengelegt werden müssten, das würde dann der Markt
entscheiden.
Hier sind wir am entscheidenden Punkt: Man möchte kulturpolitische Entscheide von solcher Tragweite eben gerade nicht aus der Hand geben, obwohl sie immer mit mühsamen, ja gar schmerzhaften Prozessen verbunden sind. Obendrein ist es nicht falsch zu behaupten, die Wissenschaft sei noch entfernt davon, verlässliche Prognosen machen zu können, ob so etwas wirklich gut funktioniert. Für Prognosen sind wir auf Erkenntnisse und Theorien angewiesen, die sich womöglich nicht auf die konkrete Einzelsituation anwenden lassen. Da ist es doch einfacher, liberale Gedanken in die neoliberale Ecke zu drängen und als extrem und ideologisch abzutun. Dabei wäre vielleicht zu bedenken, dass liberale Ökonomen schon vor fünfzig Jahren in einem ganz anderen Bereich eine völlig neue Denke, ein völlig neues Ordnungsprinzip gefordert haben und damals auf dieselben Gegenargumente gestossen sind. Es hat Jahrzehnte gedauert, bis die Akzeptanz für ihr Konzept gewachsen ist, bis sich eine scheinbar verrückte, ökonomische Idee langsam zur Selbstverständlichkeit gewandelt hat: Ich meine die Kehrichtsackgebühr. Analoges dürfte sich wohl bald auch über die Betreuungsgutscheine für Kindertagesstätten in der Stadt Bern sagen lassen. Neoliberalismus ist also womöglich nicht nur eine wissenschaftliche Strömung und eine Ideologie, sondern auch eine bequeme Ausrede.
Hier sind wir am entscheidenden Punkt: Man möchte kulturpolitische Entscheide von solcher Tragweite eben gerade nicht aus der Hand geben, obwohl sie immer mit mühsamen, ja gar schmerzhaften Prozessen verbunden sind. Obendrein ist es nicht falsch zu behaupten, die Wissenschaft sei noch entfernt davon, verlässliche Prognosen machen zu können, ob so etwas wirklich gut funktioniert. Für Prognosen sind wir auf Erkenntnisse und Theorien angewiesen, die sich womöglich nicht auf die konkrete Einzelsituation anwenden lassen. Da ist es doch einfacher, liberale Gedanken in die neoliberale Ecke zu drängen und als extrem und ideologisch abzutun. Dabei wäre vielleicht zu bedenken, dass liberale Ökonomen schon vor fünfzig Jahren in einem ganz anderen Bereich eine völlig neue Denke, ein völlig neues Ordnungsprinzip gefordert haben und damals auf dieselben Gegenargumente gestossen sind. Es hat Jahrzehnte gedauert, bis die Akzeptanz für ihr Konzept gewachsen ist, bis sich eine scheinbar verrückte, ökonomische Idee langsam zur Selbstverständlichkeit gewandelt hat: Ich meine die Kehrichtsackgebühr. Analoges dürfte sich wohl bald auch über die Betreuungsgutscheine für Kindertagesstätten in der Stadt Bern sagen lassen. Neoliberalismus ist also womöglich nicht nur eine wissenschaftliche Strömung und eine Ideologie, sondern auch eine bequeme Ausrede.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Danke für Ihren Kommentar. Er wird demnächst freigeschaltet. Das kann ein paar Stunden oder ein paar Tage dauern.